3D-DOS ist ein Experiment zur Messung der Strahlungslevel auf der ISS. Natürlich sind wir nicht die Ersten, die ein solches Experiment durchführen—Strahlungssensoren sind auch heute schon ein wichtiger Bestandteil der Station. Für die weitere Erkundung des Weltraums werden wir aber bessere Technologien benötigen.

Warum aber ist das Thema Strahlung im Weltraum eigentlich so wichtig?

In den letzten Jahren ist international der Fokus der Raumfahrt weg von der ISS und hin zur bemannten Erkundung des tieferen Weltraums gewandert. Zwar ist wird die Raumstation mehr denn je für fundamentale Forschung unter Mikrogravitationsbedingungen genutzt, es werden jedoch zunehmend für bemannte Missionen jenseits des Erdorbits—also zum Beispiel zum Mond, zum Mars oder zu Asteroiden—gefasst. Die amerikanische Weltraumagentur NASA plant beispielsweise in Kooperation mit internationalen Partnern, unter anderem der europäischen Weltraumbehörde ESA und anderen ISS-Partnern, die Einrichtung einer „Gateway“-Raumstation im Orbit um den Mond. ESA-Direktor Johann-Dietrich Wörner brachte außerdem die Errichtung einer internationalen „Moon Village“-Station auf der Mondoberfläche ins Gespräch. Aber auch Unternehmen aus der Industrie—wie etwa Elon Musks SpaceX—planen privat finanzierte Missionen zu anderen Himmelskörpern. Musk und andere sprechen sogar von der permanenten Kolonisierung des Mars in absehbarer Zeit.

Während derzeit viel Arbeit in die Entwicklung der technischen Infrastruktur gesteckt wird, weiß man leider immer noch relativ wenig über die medizinischen Auswirkungen von Langzeitmissionen im All. Insbesondere über die Folgen der deutlich erhöhten Strahlenbelastung ist noch recht wenig bekannt. Auf der Erde können solche Studien nicht durchgeführt werden, da die Umweltbedingungen denen im Weltall zu unähnlich sind, denn das Magnetfeld und die Atmosphäre der Erde schützen uns vor einem Großteil der gefährlichen Strahlung. Daher werden Studien auf der ISS durchgeführt; zwar werden die Astronauten auch dort noch teilweise vom Erdmagnetfeld geschützt, genau dies ermöglicht jedoch überhaupt erst die Langzeituntersuchung der medizinischen Folgen. Außerhalb des Erdmagnetfelds sind Langzeitstudien nämlich aufgrund des Gesundheitsrisikos durch eine zu hohe Strahlenbelastung nicht durchführbar.

Um die Auswirkungen der erhöhten Strahlenbelastung bestimmen zu können sind zum einen medizinische Untersuchungen der Astronauten im All und, nach ihrer Rückkehr, auf der Erde nötig—zum anderen muss die akute Strahlenbelastung zeitlich aufgelöst gemessen werden. Dazu wird eine Vielzahl von Instrumenten mit unterschiedlichen Fähigkeiten verwendet, deren Daten nur in Summe ein annäherndes Bild der Strahlungsumgebung ergeben. Zudem sind die derzeit eingesetzten Systeme größtenteils recht groß und schwer, was in der Raumfahrt aufgrund des begrenzten Platzes und der hohen Kosten in Raketen und Raumfahrzeugen problematisch ist.

Unser Ziel ist es einen neuartigen Strahlungssensor zu entwickeln, der mehr Informationen liefert als aktuell eingesetzte Sensoren und gleichzeitig kompakt, leicht und einfach zu bedienen ist. Wir arbeiten bereits seit mehreren Jahren an der Entwicklung von neuen Strahlungssensoren für die Raumfahrt. 3D-DOS baut auf dieser Forschung auf und wird zum ersten Mal Dosimeter im All testen, die auf unseren Entwicklungen beruhen.

Die Überwachung der Strahlungsbelastung von Astronauten ist von großer Bedeutung für jede Raumfahrtmission und ist ein wichtiger Bestandteil der Lebenserhaltungssysteme von Raumfahrzeugen. Missionen ins All sind ohne eine solche Überwachung nicht möglich, da die Astronauten sonst einem zu hohen Gesundheitsrisiko ausgesetzt wären. Die gesundheitlichen Folgen von Strahlenbelastung sind vielfältig und reichen von kurzzeitigen kognitiven Einschränkungen bis hin zu einem erhöhten Krebsrisiko.

Bisher lag der Fokus der Raumfahrtindustrie darauf, Material und Menschen günstig und schnell ins All zu bringen—nun müssen wir sicherstellen, dass Astronauten lange genug ohne Gesundheitsrisiko im All bleiben können, um die geplanten Missionen zum Mond und Mars auch durchführen zu können. Unser Instrument trägt dazu bei, die dafür nötigen Daten zu sammeln.

Durch Vorarbeiten im Rahmen unserer Forschung an der TUM konnten wir bereits die grundlegenden Technologien, die wir in 3D-DOS verwenden werden, demonstrieren. Nun wollen wir die von uns entwickelten Konzepte erstmalig in einem weltraumtauglichen Experiment umsetzen. Der dafür nötige Entwicklungsprozess beinhaltet unter anderem den Bau von mehreren Prototypen, die im Labor und an Teilchenbeschleunigern getestet werden müssen. Sobald wir ein finales Design für das Experiment gefunden haben, müssen wir eine Flugversion und ein identisches Bodenmodell bauen und testen. Schlussendlich wird die Flugversion auf die ISS gebracht und dort betrieben.

Mit 180.000 € können wir die volle Funktionalität unseres Experiments sicherstellen und die Kosten für die Durchführung von 3D-DOS auf der Raumstation decken. Mit 240.000 € können wir zusätzlich hochauflösende Silizium-Sensoren in den Dosimetern verbauen, die uns erlauben die Richtungsabhängigkeit der Strahlung noch genauer zu bestimmen. Mit dem Funding-Ziel von 265.000 € sind wir in der Lage, die Kontrollelektronik des Experiments aus strahlungsharten Komponenten zu bauen—ein Muss für Missionen jenseits des Erdorbits!

3D-DOS ist ein Experiment, welches neue Technologien zur Messung der Strahlungsumgebung in Raumfahrzeugen testen soll. Derzeit verwendete Sensoren sind oft klobig und schwer, da die zugrundeliegenden Technologien eine kompaktere Bauweise nicht zulassen. Außerdem sind viele aktuell verwendete Instrumente nur sensitiv für einen bestimmten Teil des Strahlungs-Spektrums. Dies führt dazu, dass eine Vielzahl an Sensoren eingesetzt werden muss und dementsprechend mehr Platz auf der ISS verwendet wird als mit neueren Technologien nötig wäre.

Unser Konzept vereint die Vorteile mehrerer Sensoren in einem Instrument. Die 3D-DOS-Dosimeter können neben geladenen Teilchen wie Protonen, die einen großen Teil der Strahlenbelastung im Weltraum ausmachen, auch Neutronen und Gamma-Teilchen messen. Damit können sie die Strahlenbelastung zuverlässig bestimmen. Zusätzlich können sie die Richtung der Teilchen innerhalb eines kleinen Fensters genau bestimmen. Mit seinen drei Dosimetern kann 3D-DOS daher dazu beitragen, die Strahlungsabschirmung der ISS besser zu bestimmen als es aktuell möglich ist. So wird die Grundlage für die Entwicklung von zukünftigen Raumfahrzeugen geschaffen.

Wir verwenden moderne Materialien und Sensoren. Einige sind schon im Weltraum getestet worden, andere sind so neu, dass wir eine der ersten Gruppen sind, die sie verwenden. Wir haben bereits viele Tests mit diesen Komponenten am Boden durchgeführt—nun ist es soweit den nächsten Schritt zu machen und sie im Weltraum zu verwenden!

Unser Team besteht aus Doktoranden und Masteranden der Physik und der Raumfahrttechnik. In den vergangenen Jahren konnten wir bereits Erfahrungen im Bereich der Raumfahrt sammeln, unter anderem beim Bau des Kleinsatelliten MOVE-II, welcher noch im Herbst diesen Jahres ins All starten wird. Gemeinsam haben wir im Jahr 2016 am REXUS/BEXUS-Studentenprogramm des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der schwedischen Weltraumagentur SNSB teilgenommen und ein Experiment auf einem Stratosphärenballon, welcher vom Esrange Space Center in Nordschweden gestartet wurde, durchgeführt.

Martin J. Losekamm

M.Sc. – Teamleiter und Hardwareentwicklung

Martin erlangte im Jahr 2016 seinen Abschluss in Applied and Engineering Physics an der TUM und ist seitdem Doktorand am Lehrstuhl von Prof. Stephan Paul. Er beschäftigt sich mit der Entwicklung von Instrumentierung für den Einsatz im Weltraum.

Thomas Pöschl

M.Sc. – Data analysis and reconstruction

Thomas machte seinen Abschluss in Kern-, Teilchen- und Astrophysik an der TUM im Jahr 2015 und ist seitdem ebenfalls Doktorand am Lehrstuhl von Prof. Paul. Sein Hauptinteresse ist die Entwicklung von effektiven Echtzeitalgorithmen und Datenanalyse-Software für Anwendungen in der Astro- und Teilchenphysik.

Nicolas Appel

M.Sc. – Softwareentwicklung

Nicolas hat einen Abschluss in Informatik, den er im Jahr 2017 an der TUM erlangte. Seitdem ist er Doktorand am Lehrstuhl von Prof. Ulrich Walter und beschäftigt sich mit der Entwicklung von Signalverarbeitungskomponenten für Raumfahrtanwendungen.

Sebastian Rückerl

M.Sc. – Softwareentwicklung

Sebastian erlangte ebenfalls im Jahr 2017 seinen Abschluss in Informatik an der TUM. Gemeinsam mit Nicolas entwickelt er als Doktorand am Lehrstuhl von Prof. Walter Signalverarbeitungskomponenten für Anwendungen in der Raumfahrt.

Verena Eiblmeier

B.Sc. – Hardwareentwicklung

Verena hat einen Bachelorabschluss in Physik von der Ludwig-Maximilians-Universität in München und studiert derzeit im Masterstudiengang Kern-, Teilchen- und Astrophysik an der TUM. Die Entwicklung der 3D-DOS-Dosimeter ist ein Teil ihrer Masterarbeit, die sie bei Prof. Laura Fabbietti schreibt.

Die grundlegenden Technologie-Konzepte, die wir in unserem Experiment verwenden wollen, haben wir im Laufe der letzten Jahre bereits erfolgreich im Labor und am Paul Scherrer Institut, einem Kernforschungsinstitut in der Schweiz, demonstrieren können. Daher wissen wir, dass die Messmethoden, die unseren Sensoren zugrunde liegen, funktionieren.

Mit 3D-DOS wollen wir diese Konzepte das erste Mal für Strahlungsdosimetrie im All anwenden. Das Experiment ist für uns der nächste Schritt in der Entwicklung und Demonstration einer neuen Klasse von Strahlungsdetektoren, die auf robusten und vergleichsweise günstigen Technologien beruhen. Nach einer erfolgreichen Demonstration im Rahmen von 3D-DOS hoffen wir, ähnliche Sensoren auch auf anderen Missionen, möglicherweise sogar zum Mond oder zum Mars, einzusetzen. Damit wollen wir unseren Beitrag zur Erkundung des Weltraums leisten.